Zwischen Leben und Tod

Eigentlich wollten wir nach unserem A und B-Wurf nicht mehr züchten.
Die Anstrengungen, der Zeitaufwand und die Angst, dass irgendetwas schief läuft, war groß.
Aber die Erinnerungen an die vielen süßen Fellnasen, das Heranwachsen der unschuldigen Seelen und der Kontakt mit den neuen Welpenbesitzern, ihrer Freude und die glücklichen Gesichter der Erwachsenen und Kinder haben unseren Wunsch nach einer weiteren Zucht von Hovawarten verstärkt.
So planten wir dann doch noch einen Wurf. Es sollte der letzte Wurf mit unserer Vaya sein.
Vaya war nun 6 Jahre und im besten Alter, sowie als Mutter sehr erfahren.
Die Auswahl geeigneter Deckrüden fiel uns nicht leicht, da wir an unsere Zucht hohe Ansprüche, was Gesundheit und Aussehen betrafen, stellen.
Aber endlich fanden wir mit Hilfe unserer Zuchtwartin einen Deckrüden in der Tschechischen Republik.
ARNIE CERCHOVSKE HVOZDY
Am 21.11.2018 war es so weit. Vaya wurde mal wieder eher heiß und war dann auch schnell in der Standhitze.
Wir vereinbarten den Decktermin mit Blanka und fuhren an einem kalten verregneten Tag in Richtung  Domazlice los. Vaya und Lucy nahmen wie immer hinten im VAN Platz und freuten sich wahrscheinlich auf ein Gassigehen.
Auf dem Weg fuhren wir an der Ortschaft Mitterteich in Bayern und entschlossen uns kurzfristig unsere Bele aus dem B-Wurf zu besuchen.
Als wir von der Autobahn abfuhren, trauten wir kaum unseren Augen. Die Straßen waren durch Blitzeis faßt unbefahrbar geworden.
Man konnte sich auch kaum auf den Beinen halten.
Wir wurden herzlich empfangen und erfreuten uns bei einer Tasse Kaffee am Werden und Wachsen von Bele.
Dann ging es mit gemischten Gefühlen weiter. Denn je näher wir Tschechien im Böhmer Wald kamen, um so mehr wurden wir mit starkem Schneefall überrascht bzw. überschüttet.
Das Navigationsgerät zeigte uns jedoch kurz vor dem Ziel eine eigenartige Route, die wir so über Google Maps nicht in Erinnerung hatten.
Plötzlich sahen wir vor uns eine  Steigung der Straße mit einen langen Linkskurve und stellten fest, dass auf dieser Steigung mehrere LKW´s standen. Wir begriffen, dass diese die Steigung nicht passieren konnten, da ihre Reifen keinen Kontakt mehr zur Straße hatten. Sie rutschen.
Im letzten Augenblick sahen wir vor uns  eine kleine Straße nach rechts abgehen, die wir sodann auch sofort nutzen.
Vorsichtig fuhren wir der schneebedeckten Straße entlang, durch eine kleine Ortschaft und bemerkten mit Freude, dass es die Ortschaft war, die wir erreichen wollten.
Das Navi hatte seine Kurs wieder gefunden und wir schlitterten dann einer Seitenstraße zu unserem Ziel hinunter.
Endlich angekommen. Nur noch einige Meter zu Fuß, da wir nicht bis an das Haus von Blanka heranfahren konnten.
Die Steigung mit dem Auto für die Rückfahrt hätten wir allein nicht mehr bewältigt.
Arnie begrüßte uns am Tor, wie es sich für einen Hovawart gehört. Ernsthaft wachsam und freudig, denn es stand ja eine heiße Hündin vor der Tür.
Wir begrüßten Blanka und ihren Mann und ließen das Hochzeitspaar sich beschnüffeln.
Der Hochzeitstanz ging spielerisch und mit viel Freude für die Hunde.
Nach ca. 20 Minuten erfolgte der Deckakt, mit Erfolg.
Beide Hunde kannten sich darin aus und alles verlief problemlos.
Wir übernachteten in einem Hotel in der Nähe der Ortschaft und wiederholten den Deckakt am nächtsten Tag, der auch ohne Probleme von beiden Hovis absolviert wurde.
Nun begann die Zeit des Wartens und der Hoffnung, dass alles geklappt hat. 

Wurftag

Der Wurftermin nährte sich. Erstaunlicherweise begann Vaya schon drei Tage vor dem Wurfermin, am 29.01.2019, sich eine geeignete Stelle für ihre Babys auszusuchen. 
Da wurde gewühlt und umgeräumt und alles zerfetzt, was zu zerfetzen geht. Das Inlett vom Liegeplatz in der Küche wurde auseinandergenommen und die Schaumstofflocken verteilten sich in der Küche.
Nun führten wir Vaya in den Wurfraum, wo auch ihre Wurfkiste stand. Romy nahm sich Urlaub und legte sich 3 Tage und Nächte mit zu Vaya. Aber es wollte einfach nicht losgehen. Mit Besorgnis informierten wir unseren Tierarzt, da die Wehen immer wieder aussetzten.
Der Tierarzt wollte dann am Nachmittag, die Welpen per Kaiserschnitt holen, wenn Vaya bis dahin nicht geworfen hat.
Aber endlich nach drei Tagen Warten und Bangen, am 31.01.2019, war es soweit und der erste Welpe erblickte das Licht der Welt.
2 Minuten später der zweite.
Um 19:00 Uhr schien alles vorbei zu sein und wir hatten 7 Welpen in der Wurfkiste.
Endlich konnten wir uns ausruhen und Romy konnte in Ihrem Bett wieder schlafen.
Am nächsten Morgen sahen wir nach Vaya und sahen mit Schrecken, dass ein Welpe tot auf der Couch im Welpenraum von Vaya abgelegt wurde.
Hatte sie ihn erdrückt? Was war geschehen? Irritiert merkten wir, dass dem Welpen das Halsband fehlte, als wir ihn identifizieren wollten.
Nein, es war kein Welpe vom Vortag. Vaya hat in der Nacht noch einen weiteren 8. Welpen geworfen. Dies schien aber eine Totgeburt gewesen zu sein.
Wir machten uns Vorwürfe, nicht doch noch in der Nacht bei Vaya geblieben zu sein. War es unsere Schuld? Hätte der Kleine noch leben können?
Aber da Vaya immer sehr sorgsam und behutsam mit ihren Welpen umgegangen ist und dieser dann entfernt von den anderen Welpen auf der Couch abgelegt war, schlußfolgerten wir, dass es eine Totgeburt war. Dieser war auch nicht vollständig entnabelt und trocken geleckt.
Alles verlief dann soweit gut. Vaya kümmerte sich und alle hatten ihren Platz am Gesäuge, was wir natürlich ständig durch tägliches Wiegen überwachten.
Die Geburtsgewichte ließen sich auch sehen, gegenüber unseren anderen Würfen, als Vaya 11 und 10 Welpen auf die Welt brachte.
Alle erhielten von uns sorgfältig ausgesuchte Namen und ihr Markierungsbändchen.
Curly Sue    542g   13:55 rot
Conny         566g    14:25 blau
Cora           564g    14:40 orange
Cara           524g    16:40 gelb
Candy        554g    16:40 grün
Carlos         500g    17:45 weiß
Charly        502g     17:50 lila

Die Katastrophe

Am 4. Lebenstag unserer kleinen Fellnasen, es war an einem Sonntag, trat die Katastrophe ein.
Romy kam ganz aufgeregt und völlig verstört in die Küche und rief:“Schau Dir die Vaya an! Sie liegt im Flur, wie tot. Alles Durchfall und Erbrochenes.“
Wir rannten die Treppen herunter. Vaya lag auf der Seite ausgestreckt im Flur, atmete schwer und bewegte sich nicht. Ihre Augen waren voll Tränen.
Wir hockten uns neben sie und streichelten ihr über den Kopf: „Was hast du nur, meine Kleine“. 
Irgendwie spürten wir, dass sie Schmerzen haben musste.
Es ging doch alles glatt, auch die Nachgeburt hatte sie, abgesehen von der Totgeburt.
Nun hatte wir Angst, dass noch eine Totgeburt in ihr ist und sie vergiftet wird. Ihre Körpertemperatur war auch erhöht, was wir in dem Augenblick beurteilen konnten.
Aber sie bewegte sich nicht mehr. 
Schnell riefen wir unseren Tierarzt an, der an diesem Wochenende Bereitschaft hatte. Er ging jedoch nicht an das Telefon. Später erfuhren wir, das er zu der Zeit gerade eine Operation durchführte. 
Wir suchten einen anderen Tierarzt, der ebenfalls Bereitschaft hatte. Aber hier empfing uns ein Anrufbeantworter.
Ist denn niemand zu erreichen? 
Wir telefonierten mit der Tierklinik, wo damals unser Chico operiert wurde.
Da endlich ging jemand an das Telefon und meinte, nachdem wir alles geschildert hatten, wir sollen noch einmal später anrufen, wenn sich der Zustand des Hundes verschlechtert.
Wir konnte es nicht glauben und riefen in das Telefon:“Es ist schlecht, sie stirbt, bitte helfen sie uns!“
Nach einigen Sekunden der Überlegung bat sie uns in die Klinik zu kommen und wir müßten warten, wenn es dringendere Fälle gebe.
Langsam trugen wir unsere Vaya auf den Armen zum Auto und legten sie behutsam in den Kofferraum auf ihre Decke.
Die sieben kleinen Winzlinge legten wir in eine Reisetasche, umwickelt mit wolligeren Handtüchern, denn wußten nicht, was uns in der Klinik erwartet. Die Kleinen sollten in der Näher ihrer Mutti sein.
Wir fuhren die 60 km bis zur Tierklinik, die uns endlos weit weg erschien.
Als wir an der Tür zur Klinik klingelten, mit Vaya in den Armen, wurde sie dann doch gleich zu einem dringenden Fall.
Wir legten sie auf den Behandlungstisch und Vaya wurde von 2 Ärzten untersucht.
Sofort wurde sie in Eiswürfeldecken gehüllt, um das Fieber von über 41,5 °C zu senken, da es schon lebensbedrohliche Auswirkungen angenommen hat.
Ca. 2 Stunden wurde gesucht und keine Ursache gefunden.
Wir mussten Vaya in der Klinik lassen, allein. Die Ärzte wollten sie beobachten und das Fieber senken, dann können sie entscheiden.
Eine Ärztin meinte, dass sich eine Milchdrüse geschwollen anfäßt. Sollte das die Ursache sein?
Wie paßt das zusammen, Durchfall, Erbrechen, hohes Fieber, Schmerzen?
Wir mussten wieder nachhause. Die 4 Tage alten Welpen waren nun mehr als 3 Stunden unterwegs und ohne Nahrung.
Man gab uns einen Zettel mit, worauf stand, wie wir die Welpen füttern sollten.
Wieder erschien der Weg nachhause ewig lang. Die Autobahn wollte kein Ende nehmen.
Die Kleinen schliefen immer noch friedlich und wir hatten Bedenken, wenn sie ihre Mutter vermissen, dass sie tüchtig Krawall schlagen werden.
Nun stand für uns das Problem, wie wir die Welpen füttern sollten. Wir hatten kleine Flaschen, Sauger und Welpenmilch und haben so etwas noch nie gemacht.
Die Welpenmilch war schnell angerührt und auf die Trinktemperatur gebracht.
Wir begannen mit der Handaufzucht. Eine kleine Fellnase lag in der einen Hand. Der Winzling war so klein, dass er gerade mal auf dem Handteller passte. In der anderen Hand, das Fläschchen zwischen zwei Fingern und ein Handtuch auf dem Schoß und sanfte Tücher um das Mäulchen sauber zu wischen.
Der Welpe wußte nicht, was er mit dem Nuppel anfangen sollte. Es dauerte eine geraume Zeit, bis das kleine Lebewesen begriff, dass es nun seine künftige Nahrung sein wird.
Wir benötigten 15 Minuten für einen Welpen. Aller 2 Stunden sollten sie die Falsche bekommen. Das hieß, für uns, wenn wir den letzten gefüttert haben müssen wir beim ersten Welpen wieder anfangen.
Nach jeder Fütterung erfolgte eine ausgiebige Massage in der Analgegend um den Harnabsatz und Kotabsatz zu stimulieren. In den ersten Wochen funktionieren die Reflexe noch nicht, die die Mutter durch Belecken auslöst.
Dies taten wir Tag und Nacht, tagein, tagaus und das wochenlang. Was wird, wenn Vaya nicht mehr zurück kehrt, wenn wir sie verlieren?

Überlebenskampf

Es ging um Leben und Tod.
Schaffen wir es, die Fellnasen in der ersten Woche am Leben zu erhalten? Reicht die Flaschennahrung aus, so dass sie sich gut entwickeln?
Wir lebten stündlich und täglich mit dieser Angst.
Glücklicherweise hatten die Welpen die ersten 4 Tage die Muttermilch erhalten. Die erste Muttermilch wird auch Kolostrum genannt. Diese erste Milch schützt die Babys vor Krankheitserregern, da sie sehr hohe Anteile an Antikörpern bereithält. Der Darm der neugeborenen Hundebabys kann diese Antikörper aber nur ca. 24 Stunden nach ihrer Geburt aufnehmen.
Nun konnten wir die Kleinen nicht im Welpenraum in der großen Wurfkiste aufbewahren.
Wir hatten Bedenken, dass die erforderliche Nestwärme von 35,6 bis 36,1°C nicht gehalten werden kann.
Wir bauten eine neue kleinere Kiste, etwa 30 x 60 cm, die wir dann mit den Winzlingen im Wohnzimmer neben unserem Sofa aufstellten.
Ein Handtuch über der Kiste simulierte dann das schützende Fell der Hündin.
So verbrachten wir die nächsten 6 Tage neben unseren Fellnasen und ließen sie kaum einen Augenblick allein.
Sie sollten das Gefühl von Geborgenheit und Mutterliebe empfinden.
Jegliches Quicken hielt uns wach und wurde es ganz still, schauten wir immer wieder nach, ob auch alle in Ordnung sei.
Einen Welpen mit der Flasche aufzuziehen erfordert viel Geduld. Jeder Welpe hat ein anderes Trink- bzw. Saugverhalten. Nunmehr wissen wir, dass jeder Welpe seinen eigenen Saugnuppel erhalten sollte. Dazu sind viele Tests notwendig.
Unsere Tochter, Kristin, half uns beim Füttern immer wieder, so dass wir mehrer Welpen bzw. sie  paarweise zufrieden stellen konnten.
Die ersten zwei Tage nahm das Gewicht der Welpen drastisch ab und mit dem dritten Tag stabilisierte sich ihr Gewicht. Nun nahmen sie endlich wieder zu und wir waren erleichtert.
Jetzt sollte es doch bergauf gehen.

Hoffnung

Wir warteten Stunde um Stunde auf einen Anruf aus der Klinik.
Am Abend riefen wir an, um uns über den Zustand von Vaya zu erkundigen.
„Es sieht nicht gut aus“, war die Antwort. „Es ist kritisch“
Näheres konnten sie uns nicht sagen und wir sollen am nächsten Tag anrufen.
In Gedanken begannen wir uns langsam von Vaya zu verabschieden und bereuten es, sie noch einmal für einen Wurf zugelassen zu haben.
Am nächsten Tag erfuhren wir, dass Vaya eine schwere Milchleistenentzündung hat und sich Geschwüre in den Milchdrüsen bilden. Vaya ist noch immer schwach und wird mit Antibiotika und starken schmerzstillenden Mitteln behandelt. Damit wurde uns klar, dass sie zum Stillen nicht mehr zurückkehren wird.
Wir waren nun voll damit beschäftigt, die Mutter unserer kleinen Fellnasen zu ersetzten. Flasche füttern, Bäuchlein massieren, reinigen und liebkosen. Sie waren so hilflos. Ihr Gewicht nahm beängstigend ab.
Schlaf kannten wir kaum noch. Hier oder da mal ein Stündchen vor Erschöpfung.
Jeden Tag sprachen wir mit der Klinik. Von einem Besuch bei Vaya wollten wir absehen, da die ständige Trennung Vaya noch mehr zu schaffen machen würde.
Tage später sagte man uns, dass sie die Geschwüre heraus geschnitten haben und sie 3 offene große, tiefe Wunden hat.
Eine Woche nach Aufenthalt von Vaya in der Tierklinik rief man uns an und sagte, es sei besser, wenn wir Vaya besuchen kommen würden, sie fresse nicht mehr und liege apathisch herum.
Uns liefen die Tränen und glaubten nun, dass wir Abschied von ihr nehmen müssen.
Auf der Fahrt in die Tierklinik sprachen wir kaum ein Wort miteinander. Jeder hing seinen Gedanken nach, wie wohl die letzte Begegnung mit Vaya sein wird, wie wir es überstehen werden soviel Leid ertragen zu müssen.
Im Wartezimmer saßen wir ungeduldig und ersehnten uns den Augenblick unsere Vaya wieder in den Armen halten zu können.
Und dann kam sie mit einer Tierarztassistentin den Gang entlang gelaufen, sah uns und war voller Freude auf das Wiedersehen. Wir glauben, es blitzte in ihr wieder ein Lebensfunken  und der Lebenswillen auf.
Sie trug einen grauen Boddy, der sie noch schlanker erschienen ließ.
Wir sollten mit ihr Gassi gehen und sind langsam um das Gelände der Tierklinik gelaufen.
Es war ein befreiendes Gefühl und wir waren auf einmal voller Hoffnung, dass wir das gemeinsam überstehen werden und das Vaya vollständig genesen wird.
Nach einer Stunde gemeinsamer Zeit mussten wir uns von ihr wieder verabschieden, damit sie sich nicht überanstrengt.
Vaya wußte, dass wir wiederkommen. Sie wußte, dass sie krank war und das ihr hier in der Klinik geholfen wird.
Sie ging bereitwillig mit der Tierarzthelferin zurück zu ihrem Krankenbett.
Ein letzter Blick mit Wehmut aber mit Freude im Herzen.
Von da ab besuchten wir sie jeden Tag in der Klinik und verbrachten immer mehr Zeit mit ihr.
Den Rhythmus der Besuchszeiten mussten wir immer zwischen den zweistündigen Fütterunszeiten einpassen.
Vaya wurde von Tag zu Tag stabiler und lebensfroher.
Wir hatten wieder Hoffnung, das alles ein gute Ende nehmen wird.

Vaya kommt nachhause

Nun lag Vaya schon 10 Tage in der Tierklinik und die Welpen waren 14 Tage alt.
Die Tierärzte und Assistentinnen waren begeistert von so einem lieben Hund. Das haben sie noch nicht gesehen, wie tapfer so ein Hund mit solch schweren Wunden alles geduldig und dankbar über sich ergehen lässt. Sie wurde zum Liebling der Station.
Am 10. Tag sagte man uns, daß wir Vaya mit nachhause nehmen können und sie uns zeigen, wie die Wunden mehrmals täglich behandelt werden.
Dazu bekamen wir eine Einweisung. Ich konnte bei dieser Lehrvorführung kaum hinsehen, so schrecklich sahen die tiefen Löcher in der Milchleiste aus. 
Die Wunden wurden mit einem Desinfektionsmittel tiefgründig gereinigt, die Ränder sauber gewischt und ein sauberes Handtuch wieder aufgelegt. Der Boddy hielt die Handtücher am Bauch fest.
Kristin war uns eine große Hilfe, denn sie übernahm diesen Part mit einer Selbstverständlichkeit und großen Liebe.
Der Arzt zeigte uns am Computer die Bilder der Wunden und ihre Entwicklung. Er war sehr zufrieden damit. Das haben sie in der Klinik auch noch nicht gesehen und waren über den Heilungserfolg sehr erstaunt.
Wir bekamen Schmerztabletten, Antibiotika und Desinfektionsmittel und bekamen nun auch endlich unser Mäusezähnchen wieder zurück.
Freudig lief Vaya mit uns zum Auto und begriff wohl, dass es  nachhause geht.
Unsere Lucy, die auch schon bei den letzten Spaziergängen mit dabei war, freute sich ebenso aufgeregt.
Nach einem kurzen Begrüßungsanknurren und wohlwollendem Abschlecken, war die Welt wieder heil.
Vaya kommt nachhause

Wo sind meine Kinder

Endlich geht es nachhause und wir waren überglücklich, unsere Vaya wieder bei uns zu haben. Die Trennung von seinem Hund ist genauso schmerzhaft, wie die von einem geliebten Menschen.
Jetzt ließen uns jedoch nicht die Gedanken los, wie sich Vaya gegenüber ihren Babys verhalten wird.
10 Tage Trennung. Wird sie ihre Welpen wiedererkennen?
Was ist, wenn Vaya sie nicht wieder annimmt? Wird sie ihren eigenen Weg gehen, als ob es nie Welpen gegeben hat?
Wir waren voller Zweifel und hatten Angst vor der bevorstehenden neuen Situation.
Vaya betrat mit uns den Hof und wurde freudig von den anderen Hunden, den zwei Labradoren, begrüßt.
Nach kurzer Begrüßung jedoch ignorierte sie alle und lief zielstrebig in das Haus zum Welpenraum.
Es lagen jedoch keine Welpen in der Wurfkiste. Ehe sie sich fragend und suchend umblickte sagten wir zu ihr:“Deine Babys sind oben im Wohnzimmer“
Wir erwarteten einen hilflosen Blick. Jedoch stürzte Vaya mit einer hohen Geschwindigkeit die zwei Treppen in das oberste Stockwerk zum Wohnzimmer.
Wir kamen so schnell gar nicht hinterher.
Im Wohnzimmer lief sie geradewegs zum Sofa, wo die kleine Kiste stand, schaute kurz hinein und stand auf einmal mit allen 4 Pfoten in dieser 30 x 60 cm neuen Behausung ihrer Babys. Dabei gab sie Laute von sich, die einem das Herz zerreißen lassen.
Wir befürchteten, dass sie nun die kleinen Wesen zerdrückt, denn es war ja überhaupt kein Platz für so einen großen Hund. Schnell griffen wir zu und hoben sie aus der Kiste, was sie nur mit einem kurzen Knurren über sich ergehen ließ.
Wir waren über die impulsive Reaktion erschrocken, aber nunmehr wußten wir, dass die Mutterliebe doch stärker ist, als jedes Leid und jede Trennung.
Zügig setzten wir die Fellnasen behutsam in die Tragetasche und gingen sofort gemeinsam mit Vaya zum Welpenraum.
Dort stand sie nun in ihrer Wurfkiste und wir legten einen Welpen nach dem anderen zu ihr. Sie legte sich hin und begann sofort jeden ihrer Babys abzulecken.
Die Babys quiekten und grunzten, krabbelten an Vaya herum und erfreuten sich sichtlich auf dieses  Wiedersehen.
Jetzt war es für uns schwer, Vaya und den Welpen begreiflich zu machen, dass sie nicht Stillen dürfen, denn Vaya erhält ja Antibiotika, starke Schmerzmittel und wurde in der Klinik auch abgestillt.
Wir begannen sogleich mit der Flaschenfütterung, wie eine Lehrvorführung, was sie auch genau beobachtete. Dann hielten wir Vaya das Baby hin, worauf sie ihren Part übernahm, abschlecken, reinigen und massieren. 
Es war wie in eine Lehrbuch, was wir noch nicht gelesen hatten oder was es noch nicht gibt.
Wir alle, als Meute waren nunmehr für die Versorgung der Babys zuständig und jeder kannte seine Aufgabe.
Kann ein Hund das begreifen?
Ja, Vaya ist die beste Hundemutti.

Wurmkur mit Folgen

Etwa zum 10. Lebenstag sollten die Hunde ihre erste Wurmkur erhalten. Da sie aber zu diesem Zeitpunkt ihr Geburtsgewicht noch nicht verdoppelt hatten, zögerten wir diesen Termin noch etwas heraus.
Wir waren nun froh, dass die Fütterung mit der Flasche fast problemlos von statten ging. Der Arbeitsaufwand hatte sich ohnehin noch erhöht, da Vaya weiter ihre Wunden durch uns desinfiziert werden mußten.
Der Stuhlgang der Welpen hatte sich nunmehr auch stabilisiert und es waren schon kleine Würstchen zu sehen und nicht mehr der Brei.
Mit Charly hatten wir jedoch echte Probleme. Dieser arme Kleine wurde von den anderen Geschwistern als Nuppel mißbraucht. Er hatte ständig einen nassen Bauch und wir konnten es kaum verhindern, dass die anderen an ihm saugen wollten.
Charly bekam eine Art Schnupfen. Ständig lief ihm Flüssigkeit aus der Nase und er verschluckte sich auch oft beim Trinken. Es dauerte lange, bis er seine Portion hinunter geschluckt hatte.
Später nahmen wir auch an, dass Charly beim Trinken, Milch in die Lunge bekommen hatte. Jedes Schlucken war mit einem Husten begleitet.
Er war schwächer, als die anderen, kämpfte aber wie ein tapferer Krieger.
Unsere Tochter hat sich Charly persönlich angenommen und hat viel Zeit mit ihm zugebracht, um ihn zu heilen.
An dem Tag, als wir die Wurmkur verabreichten, waren alle Fellnasen wohlauf. Ihr Gewicht hatte sich nach Vayas Rückkehr zwar nocheinmal verringert. Aber nun ging es bergauf und sie legten gut zu.
Der nächste Tag war wieder eine reine Katastrophe für uns. Alle Welpen hatten starken Durchfall. Sie wirkten apathisch und ihr Energielevel schien gesunken zu sein.
Die Wurmkur hatte wahrscheinlich die Darmflora zerstört, die vermutlich mit einer Flaschenfütterung anders ist, als jene der Muttermilch.
Wir bangten wieder um jedes Lebewesen. Werden Sie die Wurmkur überstehen?
Erstaunlicherweise war unser Kleinster, der Kämpfer, unser Charly, der erste, der sich von der Wurmkur erholte und wieder normalen Stuhlgang bekam.
Wir freuten uns riesig, denn er war uns mit seinen Problemen so sehr an unser Herz gewachsen.
Bald darauf ging es den anderen Fellnasen auch wieder gut und wir hofften, dass nun alle Probleme bald ein Ende nehmen.

Als Charly starb

Er liegt in unseren Armen, schmiegsam an unsere Brust gedrückt. Er jammert. Charly weint, er hat Schmerzen, fürchterliche Schmerzen.
Charly ist erst 5 Wochen alt. Er ist ein kleiner Hovawart Rüde. Er tollt mit seinen 6 Geschwistern im Zimmer herum. Sie haben ein richtiges schönes Welpenzimmer, mit viel Spielzeug und Fläche zum Herumtoben. Sie haben alle viele Schlafplätze, wo sie sich ausruhen können, wo sie langsam erwachsen werden.

Charly war unser Problemkind. Er hatte es nicht leicht. Aber er war ein kleiner Kämpfer.

Der kleine Welpe kuschelt sich in unserem Arm ein. Er zittert. Seine winzige Zunge hängt heraus und er weint. Wir streichen sein Bäuchlein und halten ihn mit einem weichen Handtuch warm. Wir können nichts für ihn tun. Der Tierarzt hatte alles Erdenkliche getan. Dazu war er eigens am Sonntag nochmals in seine Praxis gekommen. Wir haben gehofft, dass alles besser wird.

Nun sind wir zuhause, in Welpenhausen, sitzen auf einen der vielen Liegeflächen, angelehnt an einer Wand. Charly weint und wir weinen auch. Es ist 21:00 Uhr und seit dem Beginn seiner Schmerzen sind erst 8 Stunden vergangen. Charly schließt die Augen und wir glauben, dass er schlafen möchte. Wir legen ihn behutsam in ein Körbchen, decken ihn zu und hoffen, dass er sich gesund schläft.

21:45 Uhr schauen wir vorsichtig nach ihm. Er liegt nicht mehr in seinem Körbchen. Er liegt daneben, ausgestreckt auf einer Seite.
Charly ist eingeschlafen, für immer. Kein Jammern mehr, kein Weinen. Aber wir Weinen, sind unendlich traurig und verstehen nicht, warum die kleine Seele von uns gegangen ist.

Er hat keine Schmerzen mehr, er schläft. Wir legen ihn in seinem Körbchen zurück und decken ihn zu. Wir können es nicht fassen und wollen ihn bis zum Morgen schlafen lassen. Charly schläft jedoch für immer.